Komplexe Phänomene wie Kooperativität und Allosterie, die durch intermolekulare Kommunikation in Proteinkomplexen entstehen, sind bis heute auf struktureller Ebene nur ansatzweise verstanden. Dabei steht einer großen Menge von funktionellen experimentellen Daten und einem fundierten theoretischen Überbau nur eine verhältnismäßig kleine Menge an strukturellen Daten gegenüber. Die Ursache hierfür ist, dass Kooperativität und Allosterie typischerweise nur in großen Proteinkomplexen auftreten, deren Struktur allerdings aufgrund ihrer Größe nur schwer bestimmt werden kann. Als Methoden zur Strukturbestimmung von sehr großen Proteinkomplexen stehen die Röntgenstrukturbestimmung und die Rekonstruktion von cryo-Elektronenmikroskopischen Aufnahmen (Cryo-EM) zu Verfügung. Die Röntgenstrukturbestimmung kann prinzipiell atomare Auflösung erreichen, allerdings werden mit der heutigen Technik bei sehr großen Molekülkomplexen bedingt durch die Qualität der Kristalle meist Auflösungen von etwa 6 Ã erzielt. Die Auflösung von Cryo-EM Strukturen ist ebenfalls auf 6 Ã limitiert. Um nun von diesen Elektronendichtekarten mit mittlerer Auflösung (d.h. 6-10 Ã ) zu pseudoatomaren Modellen, die eine molekulare Interpretation zulassen, zu gelangen, muss die Struktur von Untereinheiten der Proteinkomplexen in die Elektronendichtekarte eingepasst werden. Im günstigsten Fall kann die Struktur der sehr viel kleineren Untereinheiten durch Röntgenstrukturbestimmung oder NMR-Strukturaufklärung mit atomarer Auflösung bestimmt werden, falls dies nicht möglich ist werden Homologie-Modelle anhand von Sequenz und bekannten ähnlichen Strukturen berechnet. Um nun den Proteinkomplex aus den Monomeren aufzubauen wird üblicherweise jedes Monomer starr in die Elektronendichtekarte eingepasst. Dabei ergeben sich unvermeidlich überlappende und verspannte Strukturen, die schließlich noch geeignet nachminimiert werden müssen. Sowohl für die Homologie-Modellierung von Proteinen, als auch für die Einpassung (Rigid Body Fit) von pseudoatomaren Strukturen in Elektronendichtekarten und eine darauf folgende flexible Anpassung stehen prinzipiell gut etablierte Programmpakete (MODELLER, CHIMERA, CCP4, DIREX) zur Verfügung. Für unsere spezielle Anwendung auf sehr große Proteinkomplexe sind diese Programmpakete allerdings leider nur bedingt anwendbar, da sie für die Verwendung mit kleinen, vorzugsweise monomeren, Proteinen entwickelt und erprobt wurden. Ziel des Projekts ist es daher, ein Programmpaket zu entwickeln, dass auf die Homologie-Modellierung enorm großer Proteinkomplexe angepasst ist. Dabei sollen die Probleme, die bei solchen Systemen auftreten, durch eine verbesserte Algorithmik, neue Parametrisierungen und moderne Softwaretechnik gelöst werden.